Was müsste eine neue Bundesregierung aus Kassen(verbands)-Sicht sofort anpacken?

Wir fordern ein Sofortgesetz zur finanziellen Stabilisierung der gesetzlichen Krankenversicherung. Zu den erforderlichen Maßnahmen zählen die Dynamisierung des Bundeszuschusses, die Absenkung der Mehrwehrsteuer für Arzneimittel auf sieben Prozent und die Übernahme versicherungsfremder Leistungen durch den Staat. Aber wir brauchen auch eine Rückkehr zur einnahmenorientierten Ausgabenpolitik. Wir geben so viel Geld aus wie nie zuvor. Dies liegt weniger an einer gestiegenen Krankheitslast, sondern vor allem an hohen Preissteigerungen. Hier bedarf es eines Umdenkens. Und es braucht eine „saubere“ Finanzierung des Krankenhaustransformationsfonds.

Mit welchen Herausforderungen und Chancen rechnen Sie auf diesem Weg?

Mit dem Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz ist ein erster Schritt getan. Nun gilt es, den Ansatz der Qualitäts- und Bedarfsorientierung konsequent weiterzuverfolgen. Nötig sind zudem eine Notfallreform zusammen mit einer Reform des Rettungsdienstes und innovative Modelle in der ambulanten Versorgung. Hier liegt die große Chance, den Versicherten mehr Orientierung geben zu können und sie strukturell in die richtigen Behandlungspfade zu lenken. Das kann die Versorgung für die Patientinnen und Patienten erlebbar verbessern.

Welchen (Spar)-Beitrag könnten die Kassen selbst leisten angesichts eines Dauer-Defizits in der gesetzlichen Krankenversicherung?

Die Kassen brauchen mehr Selbstgestaltungsmöglichkeiten, zum Beispiel bei der Umsetzung der Krankenhausreform. Auch bei den massiv steigenden Arzneimittelausgaben gäbe es Einsparpotenzial in Milliardenhöhe, etwa durch neue Kriterien für die Preisverhandlungen bei patentgeschützten Arzneimitteln (Fair-Pricing-Modell) und eine Rücknahme der Einschränkungen bei Rabattverträgen. Im Hilfsmittelbereich hat die Abschaffung von Ausschreibungen die Preise teilweise verdreifacht. Hier braucht es eine Rückkehr zum Vertragswettbewerb.