3 FRAGEN AN
Dr. Matthias Bracht
Wissenschaftlicher Leiter Gesundheitsmanagementkongress

„Eine konstruktive Diskussion braucht klare Positionen statt konfliktvermeidender Allgemeinplätze“
Das Session-Format PRO und CONTRA lädt dazu ein, unterschiedliche Positionen zu vertreten, z. B. zum Vorhaltebudget, den Level „1i“-Kliniken oder dem Transparenzgesetz. Warum ist es so wichtig, nun bewusst konträr zu debattieren, obwohl wir doch schnellstens eine einvernehmliche Lösung für das marode Gesundheitssystem brauchen?
Bei dem PRO und CONTRA-Format ist es eindeutig nicht Ziel, am Ende einen Konsens zu finden. Stattdessen sollen unterschiedliche Sichtweisen gegenübergestellt werden, damit sich das Publikum eine Meinung bilden kann. Aus meiner Sicht leiden Diskussionen immer wieder unter der vornehmen Zurückhaltung, nicht zu konfrontativ auftreten zu wollen. Genau darauf wollen wir hier verzichten. Eine konstruktive Diskussion braucht klare Positionen statt konfliktvermeidender Allgemeinplätze. Dem wollen wir mit den PRO und CONTRA-Sessions eine Plattform geben.
Mit Blick auf das „große Ganze“: Wie kann es gelingen, dass Politik sowie Entscheiderinnen und Entscheider im Gesundheitssystem Lösungen erarbeiten und umsetzen – ohne dass Partikularinteressen dominieren?
Ein echtes Dilemma: Umsetzungen werden dann erfolgreich sein, wenn sie von den Betroffenen getragen werden. Bindet man aber beteiligte Gruppen zu stark ein, mangelt es häufig an durchgreifenden Lösungen. Bestes Beispiel ist die Krankenhausreform: Erst nachdem Lauterbach eine Expertengruppe eingesetzt hat, kamen die notwendigen durchgreifenden Vorschläge auf den Tisch, die vorher tabu waren. Bei der Umsetzung fehlte Lauterbach aber die Unterstützung in der Breite. Ich bin fest davon überzeugt: Am Ende müssen sich die Entscheider unabhängiger von Interessengruppen machen und den Mut haben, auch unbequeme Entscheidungen durchzusetzen.
3. Persönlich gefragt: Bei welcher Ihrer Positionen in Bezug auf das Gesundheitssystem spüren Sie immer mal wieder ein CONTRA – und wie gehen Sie damit um?
Bei der einfachen Erkenntnis, dass wir spezielle Versorgungsangebote stärker konzentrieren und ambulante Strukturen massiv aufbauen müssen. Wir haben eben nicht zu wenig Ressourcen im System, sondern falsch verteilte. Das müssen wir dringend ändern, wenn wir morgen noch gut versorgen wollen. Hier müssen wir die Bevölkerung deutlicher und ehrlicher aufklären: Der Status quo ist nicht überlebensfähig! Die Bevölkerung versteht das mehr und mehr. Wir – und die Politik – müssen nur den Mut haben, das immer wieder ehrlich zu erklären und zu vertreten.